Anna Rühs Ziel: Als U20-Weltmeisterin zu den Olympischen Spielen

Edelmetall aus Gold strebt Anna Rüh in dieser Woche bei der U20-WM in Barcelona an. (Foto: I. Hensel)

Als Weltmeisterin wolle sie nach London fahren, sagt Anna Rüh ‒ als Weltbeste der Altersklasse U20. Am Freitag (Vorkampf) und Sonntag hat es die Diskuswerferin vom SC Neubrandenburg bei der U20-WM in Barcelona selbst in der Hand. Mit ihrer Saisonbestleistung von 63,14 Meter ist sie eine der großen Favoritinnen. Das Leben der "großen Blonden" ist derzeit mehr als aufregend, für eine gerade 19-Jährige sowieso. Trainingslager im portugiesischen Albufeira, Dritte der Deutschen Meisterschaften, EM-Vierte in Helsinki, jetzt Barcelona und dann die Olympischen Spiele in London.

"Wenn ich da in den Endkampf käme, wäre das toll", macht Anna Rüh klar, dass kleine Ziele nicht ihr Ding sind. Sie hat allen Grund, ihre Wettkämpfe optimistisch anzugehen. Mit einer Bestleistung von 59,97 Metern ist sie in die Saison gestartet. Bereits Ende Mai übertraf sie die Olympianorm bei den Werfertagen in Halle mit 63,04 Meter deutlich, bei den "Deutschen" legte sie noch einmal zehn Zentimeter drauf. Noch wichtiger: Sie hat diese Weiten in allen folgenden Wettkämpfen untermauert. "Es ist schon ein wahnsinniges Gefühl, dass ich derzeit stabil 62, 63 Meter weit werfe", sagt die gebürtige Greifswalderin. Und es ist in ihrem Alter keineswegs Normalität.

Befragt nach der Ursache ihrer bemerkenswerten Steigerung in diesem Jahr, muss Anna Rüh nicht lange überlegen. "Sicher haben viele Anteil an meiner Entwicklung, aber Dieter Kollark hat meinen Ehrgeiz und meine Begeisterung für Wurf und Stoß geweckt. Unter seinen Fittichen bin ich erwachsen geworden", ist die 1,84 Meter große Athletin ihrem Coach dankbar. Der 67-Jährige Routinier gibt die Komplimente zurück: "Anna hat ein enormes Bewegungstalent und ist trotz ihrer Jugend technisch unheimlich gut."

Das müsse sie auch, gesteht Anna Rüh, denn: "Meine Athletikwerte sind nicht gerade berauschend.“ Sie arbeitet an einer Verbesserung, vor allem im Herbst und im Winter. Doch schon jetzt ist Dieter Kollark davon überzeugt, dass die 63,14 Meter nicht die Endstation in diesem Jahr sein müssen. "Anna hatte noch nicht einmal optimalen Wind. Wenn der weht, geht mit Sicherheit noch mehr", sagt der Trainer.

Wobei Anna Rüh nicht nur sportliche Höhenflüge im Auge hat. Ihre Ausbildung und die Familie in Greifswald verliert sie ebenfalls nicht aus dem Auge. 2007 ist sie zum SC Neubandenburg gekommen, sollte erst Siebenkämpferin werden, bevor die Trainer ihr Talent für Diskuswerfen und Kugelstoßen ‒ im Vorjahr holte sie bei U20-EM Silber und Bronze ‒ entdeckten. Nach dem Realschulabschluss am Sportgymnasium hat Anna Rüh ein Praktikum in einer Neubrandenburger Unternehmensberatung absolviert ‒ mittlerweile nimmt sie dort das dritte Ausbildungsjahr in Angriff. Wenn es die Zeit erlaubt, zieht es sie in ihre Geburtsstadt ‒ "möglichst jedes Wochenende". Dort spielt Bruder Julian (11) Fußball beim Greifswalder SV, Vater Marcel Rüh ist Trainer im selben Verein. Beide gehören wie Mutter Anke zu Annas größten Fans. Und die Tochter weiß, wie es weitergehen soll. "Ein Platz in einer Sportfördergruppe der Bundeswehr wäre nicht schlecht", sagt sie.

Auch wenn erstmal London vor der Tür steht, drängt sich die Frage nach Rio de Janeiro 2016 auf. "Klar will ich dahin, das soll eine tolle Stadt sein. Und wenn ich schon da bin, will ich auch vorn mitmischen", sagt das Talent selbstbewusst. Und räumt zum Schluss mit einem Vorurteil auf: "Viele halten mich für eine kühle Blonde aus dem Norden, aber das stimmt nicht." Wer Anna ein wenig kennt, kann das nur bestätigen.

Zurück