Zwischen Medaille und Flop ist für Anna Rüh bei der EM alles drin

Am Freitagmorgen wird es bei der EM in Zürich ernst für Diskus-Hoffnung Anna Rüh. (Foto: I. Hensel)

Wenn Anna Rüh am Freitagmorgen in Zürich zur Quali in den Diskusring steigt, weiß sie, dass sie das Ticket für die derzeit laufende Leichtathletik-EM dem Verletzungspech von Nadine Müller (Halle/Saale) verdankt. "Natürlich kam das unerwartet, aber manchmal braucht man eben auch ein bisschen Glück", sagt die Neubrandenburgerin. Sie vertritt Mecklenburg-Vorpommern in der Schweizer Bankenmetropole als Einzelkämpferin.

"Dass Nadine vor zwei Wochen entschieden hat, die Saison abzubrechen, tut mir leid für sie", ist Anna Rüh faire Sportlerin. Andererseits blieb ihr kaum Zeit, sich mit dem Pech der Kontrahentin zu beschäftigen. "Jetzt möchte ich natürlich zeigen, dass ich nicht nur Ersatz bin. Das habe ich auch drauf", blickt die 21-Jährige voraus. In den letzten 14 Tagen hat sie gemeinsam mit Trainer Dieter Kollark noch einmal verstärkt an der für die so wichtigen Technik gearbeitet. Gerade da hatte sich nach dem guten Saisonauftakt mit 64,17 Metern am 10. Mai beim Werfer-Cup in Wiesbaden der Wurm eingeschlichen – was in der anspruchsvollen Disziplin mit der 1000 Gramm schweren Scheibe zumeist verheerende Folgen hat. "Es muss eben alles stimmen, die Kraft, die Technik, der Kopf", weiß Anna Rüh, die sich auf einem guten Weg wähnt. "Man muss einfach an das glauben, was man macht."

Im Training hat die 21-Jährige mit einer Bestleistung von 64,33 Metern in dieser Saison lange "zwischen 59 und 62 Metern rumgeeiert", wie sie selbst sagt. Es gab aber auch Ausrutscher nach oben – nur eben nicht konstant. Anna Rüh reagiert trotzdem positiv: "Die Erfahrung sagt, dass es im Wettkampf immer noch ein bisschen weiter geht." Zunächst aber steht am Freitag die Qualifikation an, wobei 61 Meter für das Finale der zwölf Besten am Sonnabend reichen sollten. "Das dürfte kein Problem sein", meint die 1,86 Meter große Athletin. Im Endkampf will sie alles abrufen, was sie sich im harten Training erarbeitet hat. Dabei scheint zwischen Platz zwei und zehn alles möglich. Haushohe Favoritin ist die Kroatin Sandra Perković mit einer Saisonbestleistung von 70,52 Metern. Nadine Müller (67,30) ist als Zweite in Zürich nicht dabei (siehe oben), zwischen der Dritten und der Zehnten der europäischen Jahresrangliste, in der Rüh auf Rang acht rangiert, liegen gerade einmal gut drei Meter.

"Wo Anna letztlich landet, ist ganz schwer zu sagen. Hinter Perković wird's ein großes Gedränge geben", prophezeit Dieter Kollark, der nicht mit nach Zürich fliegt. Das Hauptproblem seines Schützlings sieht der Coach in der Tatsache, "dass Anna im Wettkampf in dieser Saison bisher nicht das Selbstbewusstsein der vergangenen Jahre gezeigt hat". Allerdings ist ihr vor gut zwei Wochen bei den deutschen Meisterschaften in Ulm ein sehr weiter Wurf gelungen, den die Kampfrichter ungültig werteten – nach Kollarks Meinung zu Unrecht. "Wenn sie so ein Ding in Zürich raus haut, ist sogar eine Medaille drin", glaubt der 69-Jährige.

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